EuGH-Urteil zur Bereitschaftszeit

Pressemitteilung der VRFF Die Mediengewerkschaft (15.03.2021)

EuGH: Selbst Bereitschaftszeit in Form von Rufbereitschaft kann Arbeitszeit sein

„Ausweitung der Arbeitszeiten im TV FFS aufgrund fiktiver Bereitschaftszeiten offensichtlich rechtswidrig“

Der Europäische Gerichtshof hat in seinen Urteilen in den Rechtssachen C-344/19 und C-580/19 erneut darauf hingewiesen, dass die Bereitschaftszeit eines Arbeitnehmers entweder als „Arbeitszeit“ oder als „Ruhezeit“ im Sinne der Richtlinie 2003/88 einzustufen ist.

Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht ebenfalls hervor, dass eine Bereitschaftszeit automatisch als „Arbeitszeit“ einzustufen ist, wenn der Arbeitnehmer während dieser Zeit verpflichtet ist, an seinem Arbeitsplatz, der nicht mit seiner Wohnung identisch ist, zu bleiben und sich dort seinem Arbeitgeber zur Verfügung zu halten.

Diese Situation ist bei Film- und Fernsehschaffenden stets gegeben, mit der Folge, dass deren  Bereitschaftszeiten durchwegs als Arbeitszeiten zu werten sind und daher gerade nicht dazu herangezogen werden können, eben jene Arbeitszeiten der Film- und Fernsehschaffenden im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 1a Arbeitszeitgesetz über 10 Stunden hinaus zu verlängern.

Dennoch sieht der TV FFS unter den Ziffern 5.4.0. ff. genau diese Ausweitung der Arbeitszeiten vor, obwohl längst höchstrichterlich geklärt ist, dass die angeblich bei Film- und Fernsehschaffenden vorliegenden Bereitschaftszeiten als „Arbeitszeit“ einzustufen sind und entsprechend eine Verlängerung der Arbeitszeit über 10 Stunden hinaus, die nur im Falle des Vorliegens von „Ruhezeiten“ denkbar wäre, unzulässig ist.

Nun hat der EuGH noch auf die nach der Richtlinie 89/391 bestehende Obliegenheit der Arbeitgeber hingewiesen, die danach keine Bereitschaftszeiten einführen dürfen, die so lange oder so häufig sind, dass sie eine Gefahr für die Sicherheit und die Gesundheit der Arbeitnehmer darstellen, unabhängig davon, ob sie als „Ruhezeiten“ im Sinne der Richtlinie 2003/88 einzustufen sind.

Mit Bezug auf die derzeitig geführten Tarifverhandlungen zum TV FFS appellieren wir an die Tarifparteien des TV FFS, die offensichtlich rechtswidrigen Bestimmungen des TV FFS zur Verlängerung der Arbeitszeiten ersatzlos zu streichen und auf diese Weise endlich für rechtskonforme Arbeitszeiten für Film- und Fernsehschaffende zu sorgen.

Angesichts der klaren Rechtsprechung wäre eine Beibehaltung dieser Bestimmungen des TV FFS zur Verlängerung der Arbeitszeiten ein nicht hinzunehmender Rechtsbruch und ein Missbrauch der den Tarifparteien übertragenen Gestaltungsmöglichkeiten.

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